Evolution Europa: Hochrangige Podiumsdiskussion in Wien
Am 29. März diskutierten IDM-Vorstandsvorsitzender Erhard Busek, EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn, der österreichische Europa-Abgeordnete Lukas Mandl und die Südosteuropa-Spezialistin Franziska Tschinderle unter dem Titel „Evolution Europa: Nachbarschaftspolitik neu“ über Zukunftsfragen der EU. Die Veranstaltung wurde vom IDM gemeinsam mit der Europäischen Bewegung Österreich und der Österreichisch-Kosovarischen Freundschaftsgesellschaft ausgerichtet.
Erhard Busek berichtete über das Selbstverständnis der Bürger der sechs Westbalkanstaaten, die noch nicht EU-Mitglieder sind: „Diese Länder oder – besser gesagt – die Menschen in diesen Ländern betrachten sich als Europäer“. Die klare europäische Identität könne als Angelpunkt für die Annäherung der Region an die EU dienen. „Die eigentliche Triebfeder für die Transformation in Südosteuropa ist die Perspektive der Mitgliedschaft zur Europäischen Union, und – das muss man auch uns Österreichern deutlich sagen – die Perspektive des Beitritts zur NATO. Länder, die diese Perspektive nicht haben, tun sich politisch bedeutend schwerer“, so Busek, der von 2000 bis 2002 Regierungsbeauftragter für die EU-Erweiterung und von 2002 bis 2008 Sonderkoordinator des Stabilitätspakts für Südosteuropa war.
EU-Kommissar Johannes Hahn betonte besonders die Perspektiven der EU-Nachbarschaftspolitik. Gerade jetzt, so Hahn, dürfe man die für ganz Europa wichtige Region Südosteuropa nicht aus den Augen verlieren. Die EU habe hier eine besondere Verantwortung, denn „entweder wir exportieren Stabilität oder wir importieren Instabilität“, so der EU-Kommissar, der für Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen zuständig ist. „Dass Lukas Mandl sich so sehr für Brückenbauen und Verständigung in Südosteuropa einsetzt, ist in diesem Zusammenhang überaus zu begrüßen. Ich hoffe, dass er das auch im neuen Europa-Parlament wird tun können.“
Lukas Mandl, der im Europa-Parlament der Delegation für die Beziehungen zu Kosovo und Bosnien-Herzegowina angehört, griff inhaltlich den Faden auf: Es gelte, den europäischen Charakter der Länder Südosteuropas gegen Einflussversuche aus anderen Teilen der Welt zu stärke. „Diese Länder sind mitten in Europa, ein Blick auf die Landkarte bestätigt das“. Sie sind aber entscheidend für die Stabilität und Sicherheit der gesamten EU“, so Mandl und erläuterte: „In Wahrheit liegt Südosteuropa nicht am Rande, wie manche glauben, sondern mitten in Europa. Sich um diese Region verantwortungsvoll zu kümmern ist für die EU, nicht die Kür, sondern die Pflicht – schon aus Eigeninteresse, denn Stabilität oder Instabilität in Südosteuropa strahlen unmittelbar auf die EU-Staaten ab, auch auf Österreich“.
Die Journalistin Franziska Tschinderle berichtet regelmäßig über die soziale und politische Situation in Südosteuropa und hat sich viele Monate lang in mehreren Ländern der Region aufgehalten. Ihre Einschätzung: „Brexit, Migrationskrise, Rechtsruck in Europa – all diese Themen haben in den letzten Monaten überschattet, dass der EU eine Erweiterung bevorsteht. Dieser Erweiterung braucht Zeit und sie braucht Ausdauer. Brüssel muss sich klar dazu bekennen, dass der Westbalkan ein Teil der europäischen Gemeinschaft ist. Sonst entsteht ein Vakuum, das andere Player – vor allem China – für sich nutzen werden.“
Die Konfliktlinien in Südosteuropa, so Lukas Mandl, sind nach wie vor unverändert „ethnisch, national und religiös. Das kennen wir aus unserer eigenen Geschichte, daher dürfen wir nicht oberlehrerhaft auftreten“. Gleichzeitig sei die Geschichte der Europäischen Einigung der Beleg dafür, dass solche Konflikte auch überwunden werden können und dass letzten Endes alle davon profitieren – durch Frieden, Freiheit und gemeinsamen Wohlstand“, ist Mandl überzeugt. „Mit Johannes Hahn haben wir in der EU-Kommission einen glaubwürdigen Partner für die gesamte Region, der dort enorme Verdienste erworben hat – etwa die Lösung des Namensstreits mit Griechenland und Nordmazedonien, an der er einen gewaltigen Anteil hatte.“
Bild: Das Podium – IDM-Vorstandsvorsitzender Erhard Busek, EU-Kommissar Johannes Hahn, Journalistin Franziska Tschinderle, Moderatorin Sabine Radl, Europaabgeordneter Lukas Mandl